Captains Dinner im Bozener Wirtshaus Vögele

Das Team des Weinkaiser-Blogs ist zum Genussfestival Südtirol über die Alpen aufgebrochen. Am selben Ziel ankerte gleichzeitig auch der sturmerprobte Kutter des CaptainCork, der sich hier wohl vom deutschen 2010er Jahrgang und Meutereiversuchen seiner Mannschaft aus dem letzten Herbst erholen wollte. Die ersten beiden Tage des Festivals hat sich der Capitain noch in den Bergen versteckt (die offizielle Sprachregelung ist: er gehörte als Vernatsch-Experte einer Jury an, die sich zum Tasting in ein Resort auf 1500 Meter Höhe zurückzog). An Tag drei traute er sich dann doch von den Bergen runter und nach Bozen. Da das Festivalprogramm für den Abend nur ein Buffet in einer Kellerei vorsah, die wir bei einem Termin im kleinen Kreis zwei Tage später eh genauer kennen lernen würden, war ein Alternativprogramm für die persönliche Ladeluke gefragt.

Die Wahl fiel auf das Bozener Wirtshaus Vögele mit seiner ruhmreichen Geschichte bis zum Baujahr 1277 zurück. Die Bozner nannten es früher einfach „Roter Adler“. Seit dem Jahre 1840 ist es nun durchgehend im Besitz der Familie Kamaun. Nach dem Umbau im Jahre 1870 soll auch Goethe des öfteren hier verkehrt haben und im Gegensatz zu vielen anderen Häusern mit langer Tradition kann man hier auch heute noch kochen. Sogar die Preise sind bezahlbar. Da der Weinkaiser bisher noch nie an einem standesgemäßen Captains Dinner teilgenommen hatte, war das der perfekte Ort dies nachzuholen.

Die Küche ist also hervorragend, bleibt einzig das Risiko der Weinauswahl, die dem Namensgeber des Captains Dinners oblag. Zuerst dachte ich noch, er wird schon wissen, was er macht, dann trabte der Kellner mit einer Flasche Kerner an.

Kerner!!! Ich bin mit Moselwein groß geworden und eine der überlebenswichtigen Grundregeln dort war und ist: Finger weg vom Kerner. Nachdem mein erster Schreikrampf langsam am abklingen war, wurde mir erklärt, dass es beim Kerner durchaus regionale Unterschiede gebe und dass gerade das georderte Exemplar Kerner Praepositus 2009 vom Klostergut Neustift nicht süß und plump sei, sondern als besonders trocken und mineralisch gelte. Ein erstaunlich guter Kerner, so trocken und mineralisch wie versprochen, außerdem durch seine feine Säure angenehm erfrischend. Dazu hatte ich auf den Schreck erst einmal einen Teller Südtiroler Speck mit Nussbrot.

Weiter ging die wilde Fahrt mit dem ebenso gut wie modern gemachten 2007er Merlot-Cabernet-Cuvée Cornelius von Schreckbichl. Dazu gab es dann Hirschmedallions in Rittner Holunder-Honigsauce mit Schüttelbrot-Schupfnudeln.

Als Dessert hatte ich dann noch einen Affogato al caffè (Espresso mit Vanilleeis) und dazu den 2007er Passito Comtess St. Valentin von St. Michael-Eppan (75% Gewürztraminer, 15% Riesling, 10% Sauvignon, mit 170 Gramm Restzucker bei 7 Gramm Säure und 14% Vol.).

Der kommentierte Weinkaiser Fotostream vom Genussfestival Südtirol findet sich übrigens hier.

3 Kommentare

  1. >un. Nach dem Umbau im Jahre 1870 soll auch Goethe des >öfteren

    Interessant, wo Goethe überall war, 38 Jahre nach seinem Tod ;-).

  2. Haha 😛 scharfes Auge Christian! Respekt

  3. Sehr schön. Weinliebhaber lässt dieser Bericht wohl vor Neid erblassen 🙂 Ich war selbst am Genussfestival mit dabei. Tolle vEranstaltung, wie ich finde. Der Südtiroler Süden weiß aber auch mit einer Reihe weiterer Genuss- und Weinveranstaltungen aufzutrumpfen. Eine Auswahl und interessantes rund ums Thema Wein findet ihr hier: http://www.suedtirolssueden.net Übrigens: Den Kerner hätte ich nie und nimmer angerührt, aber wenn du ihn so beschreibst, dann… na dann… hätte ich wohl auch einen Tropfen verkostet 😉

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