Die Bonner Weinrunde, ein loser Zusammenschluss von Weinfreunden aus dem Rheinland, veranstaltet nicht nur jeden Monat eine Weinverkostung zu ständig wechselnden Themen, sie ist auch stets an Weiterbildung im Wein- und Genusssektor interessiert. Diesmal stand eine Sensorik-Schulung an, die Thomas Riedel, eines der Gründungsmitglieder der Bonner Weinrunde und zugleich langjähriger Dozent in Sachen Wein (sowohl an der Volkshochschule als auch mit eigenem Seminarangebot), vorbereitet hatte.
Die Aufgabe war, 57 Aromaproben zu erkennen, die Thomas kurz vor der Schulung selbst mit frischem Obst, frischen Kräutern und Gewürzen sowie einem möglichst neutral riechenden Basissilvaner in kleinen Einweckgläsern zusammengemixt hat (und teilweise durch Tücher gefiltert, damit man keine Kerne, etc mehr erkennen kann). Es war nicht bekannt, welche Aromen dabei sein werden und welche nicht. Jeder der rund 30 Teilnehmer bekam zu Beginn nur ein Blatt mit den Ziffern 1-57 und hatte 150 Minuten Zeit zum riechen, grübeln und raten. Am Ende kam die beste Teilnehmerin auf 35 richtige Antworten.
Alles in allem war es eine sehr spannende Veranstaltung. Ich hatte solche Tests vorher schon mehrfach mit chemisch erzeugten Duftproben wie dem bekannten „Le Nez du Vin“ oder mit Fehlerweinen der FH Geisenheim erlebt aber noch nie mit frischem Obst und frischen Kräutern. Der Vorteil der chemisch erzeugten Aromen ist, dass sie je nach Duft über einige Monate bis zu Jahren stabil bleiben. Gerade bei Fehlaromen wie Kork, Petrol, Essig, Schwefel, Teer oder Katzenurin bleiben sie extrem lange gut erkennbar. Nicht mithalten können die chemisch erzeugten Aromen bei den Fruchtaromen, die dort von Anfang an mehr oder weniger künstlich wirken und von echten Früchten teilweise deutlich abweichen. Nachteil der frisch zubereiteten Fruchtaromen ist allerdings, dass sie teilweise eine extrem kurze Lebensdauer haben. Bei unserem Experiment hatte die schwierigeren Proben, fast die kompletten zweieinhalb Stunden über, stets jemand in der Hand, so dass sie sich schnell erwärmten und auch dauerhaft an der Luft waren. Dadurch verloren sie sehr schnell an Intensität. Wer verschiedene weniger intensiv riechende Aromen wie Melone oder Banane erst am Ende in die Finger bekam, hatte bei diesen Proben keine Chance mehr.
Meine Empfehlung ist, dass alle ambitionierten Weinfreunde solche Sensorik-Tests einmal versuchen sollten. Für klassische Fehlaromen, wie sie in Wein leider immer mal wieder vorkommen, kann ich die Kaufsets empfehlen. Für Fruchtaromen empfehle ich, die Proben im Freundeskreis einmal selbst zuzubereiten und sich dabei auf ca. 20 Früchte und Kräuter zu beschränken, damit man alle Proben während der ersten 30 Minuten einmal in ihrem perfekten Zustand unter die Nase bekommt.
Wenn wir gerade schon mal beim Thema Sensorik sind: Die WDR-Sendung Quarks & Co bietet hier (unter „Der Geschmackstest“) eine erstklassige Anleitung für einen Selbstversuch, ab welcher Konzentration im Wasser man Süßes, Salziges, Saures und Bitteres wahrnehmen kann.
Beim großen Aromaraten am Start waren:
- Rosmarin
- (Weinbergs-)Pfirsich
- Rosine
- Jod
- Orangen-(Schale)
- Vanille
- Kirsche
- Birne (Sorte Forelle)
- Zitronen-(Schale)
- Minze (arabische Pfefferminze)
- Sherry
- Aprikose
- weißer Pfeffer
- Mango
- Grapefruit
- Wacholderbeere
- Maggi / Liebstöckel
- Gurke
- Anis / Sternanis
- Apfel (Granny Smith)
- Nelke / Gewürznelke
- Schwarze Olive
- Champignons
- Schwarzer Pfeffer
- Karamell / Sahnebonbon
- Honig / Bienenwachs
- Eisbonbon / Zitruslimonade
- Lakritze / Süßholz
- Orangendrops (Nimm 2)
- Himbeere
- Rote Johannisbeere
- Dill
- Schwarzer Tee
- Klementinen
- Papaya
- Cassis
- Pfifferlinge
- Banane
- Lavendel
- Kardamom
- Alkohol / Lösungsmittel
- Stachelbeere
- Brombeere
- Ananas
- Fenchel
- Erdbeere
- Grüner Paprika
- (Weißwein-)Essig
- Zimt
- Rauch (Chinesischer Rauchtee)
- (Dörr-)Pflaume
- Rosen
- Kamille (Kräutertee, Heu)
- Kaffee-(Bohne)
- Thymian
- Zedernholz
- Buchsbaum
2 Kommentare
Das klingt sehr interessant!
Eine Frage hätte ich: Wie lange halten sich die Aromen ca. im Glas?
Freundliche Grüße
ralph
Wie schon im Artikel steht: einige weniger intensive Fruchtaromen haben sich, dauerhaft an der Luft und erwärmt durch ständigen Handkontakt nur 30 Minuten gut gehalten. Andere intensivere Aromen sind über Tage hinweg sehr stabil.