Gastbeitrag des jungen Moselwinzers Karl-Josef Thul zur Weinrallye #43 Riesling-Spätlese:
Riesling und Spätlese sind mit Sicherheit, was den deutschen Weinbau anbelangt, die bekanntesten Begriffe. Gerade im englischsprachigen Ausland wird Spätlese und Riesling oftmals mit deutschem Wein gleichgesetzt.
Seit der Entdeckung der späten Lese mit Edelfäule-Anteil, der Sage nach auf Schloss Johannisberg, erlebte der Begriff vielerlei verschiedene Bedeutungen.
Erst durch neue Kellertechnische Verfahren wie die Sterilfiltration beispielsweise wurde es Anfang der 1900er Jahre möglich fruchtsüße biologisch halbwegs sicher abzufüllen. Vorher waren die Weine „durchgegoren“ und lagerten bis zum Erreichen einer gewissen Stabilität im Fass. So ging es mehr oder weniger glücklich durch weite Dekaden, bis in der Nachkriegszeit ein großer, und auch verständlicher Drang auf alles süße und fruchtige in Deutschland einsetzte. Wer könnte es den Deutschen nach langen Jahren der Entbehrung nun in der Zeit des Wirtschaftswunders auch verdenken. Das Weingesetz von 1971 ermöglichte auch großen Kellereien die industrielle Versorgung mit süßen Weinen. Der Begriff der Spätlese, vormals Garant und Synonym für hochwertige Rieslingweine verlor an Bedeutungskraft. Geradezu lächerlich geringe Auflagen an Erntemenge und Reife und das Aufkommen neuer Rebsorten wie Bacchus, Optima und Ortega ermöglichten es dem Winzer selbst unter schwierigen klimatischen Bedingungen stets dem Gesetz genüge zu tun.
Spätlese ist heute nur noch ein Prädikatsbereich. Es gibt sie durch alle Rebsorten und Geschmacksstufen und gerade das ist ein Problem. Die Riesling Spätlese hat nämlich das Zeug zum deutschen Profilwein!
Vor allem an der Mosel, dem Mittelrhein dem Rheingau und an der Nahe wachsen fruchtsüße Spätlesen, welche sonst nirgendwo in dieser Klasser erzeugt werden können.
Im Rahmen der neuen EU Weinmarktordnung wäre es möglich ein für den Verbraucher leicht zu durchschauendes System zu etablieren. Nach dem Grundsatz „Je enger die geographische Angabe, desto höher die Qualität“ könnte man Gebiets, Orts, und Lagenweine produzieren.
In den oben genannten Gebieten würde es sich anbieten den Begriff der Spätlese auf die Rebsorte Riesling zu beschränken und dem Begriff ein Profil zu geben. Warum nicht den Restzuckergehalt auf 50-100 g/l begrenzen und den Alkohol auf maximal 10 % vol.?
In der heutigen Weinbaupraxis geht der Trend leider oft genug hin zum Abstufen. So werden Auslesen als Spätlesen und Kabinette deklariert. Mit Sicherheit kein Nachteil für den Verbraucher aber wenn man ein wieder erkennbares Profil schärfen möchte der falsche Weg.
Der Spätlesestil leicht, fruchtig und weitestgehend ohne Einflüsse von Botrytis ist beim Verbraucher etabliert und macht eine einfache und erkennbare Abgrenzung zur Auslese möglich.
Zum Wein:
2009 Riesling Spätlese Detzemer Maximiner Klosterlay – Weingut K-J Thul
Am 1. November 2009 wurden die Trauben für diesen Wein geerntet. Vorhergegangen war ein Lesedurchgang bei dem alle mit Botrytis befallenen Trauben selektiert wurden zur Erzeugung einer edelsüßen Auslese. Somit konnten die verbliebenen gesunden Beeren noch die letzten Sonnenstrahlen einfangen.
Der Most wurde spontan bis zum natürlichen Gärstillstand vergoren, und hat einen Restzuckergehalt von 75 g/l.
Das harmonische Süße/Säurespiel, die floralen Noten von Flieder und hellen Blüten sowie die Citrus und Pfirsicharomen geben dem Wein seinen unverwechselbaren Charakter. Mit 7,5 vol. % Alkohol sehr leicht und animierend.
Der Wein passt perfekt zum warmen Rucolasalat mit Meeresfrüchten und Parmesan.
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