Das Konsortium der Sagrantino Produzenten (Consorzio Tutela Vini Montefalco) präsentierte im Kölner Sterns Eventsalon die aktuellen Weine seine Mitglieder. Sagrantino ist in Umbrien eine autochthone Rebsorte mit kräftiger Säure und sehr hohem Tanningehalt (dem höchsten aller italienischen Rebsorten). Gleichzeitig hat Sagrantino auch den höchsten Polyphenolgehalt (Antioxidantien die entzündungshemmend und krebsvorbeugend wirken) aller italienischen Rebsorten. Der Zusammenhang zwischen hohem Tanningehalt und gesundheitsfördernder Wirkung ist auch aus Frankreich bekannt, wo aus der tanninreichsten französischen Rebsorte Tannat der rote Madiran entsteht, der gleichzeitig auch als der gesundheitsförderndste Wein des Landes gilt. Zum Vergleich: Sagrantino enthält 4174 mg Polyphenole pro Kilogramm Wein. Nebiolo, Cabernet Sauvignon, Merlot und Sangioveseenthalten zwischen 2000 und 2500 mg/kg. Syrah und Barbera gar nur knapp über 1500 mg/kg.
Es wird vermutet, bei Sagrantino handele es sich um die gleiche Rebsorte, die vor fast 2000 Jahren von Plinius dem Älteren unter dem Namen Itrida beschrieben wurde. Der Name Sagrantino ist abgeleitet von „sacro vino“, „heiligem Wein“ und geht darauf zurück, dass er in den letzten Jahrhunderten häufig als Messwein Verwendung fand. Sagrantino wird heute fast ausschließlich in der Gegend um Montefalco (Umbrien) angebaut, wo sich die Existenz dieser Rebsorte zurück bis ins Jahr 1549 belegen lässt. Nur in Australien gibt es seit wenigen Jahren auch vereinzelte Weine dieser Rebsorte. Bis Mitte der 80er Jahre wurde Sagrantino nahezu ausschließlich restsüß ausgebaut. Seit 1974 wurde mit trockenem Sagrantino experimentiert, allerdings nur in verschwindend geringen Mengen. Heute gibt es 235 Winzer die Sagrantino Trauben anbauen, aber 50 abfüllende Betriebe. Die Fläche, auf der Sagrantino angebaut wird, ist allein zwischen 2000 und 2008 von 122,5 Hektar auf 660 ha angestiegen. Die Zahl der produzierten Montefalco Sagrantino DOCG Flaschen stieg in vier Jahren von 0,66 Mio. in 2002 auf 2,6 Mio. Flaschen in 2006. Trotzdem wurde in Köln versucht den Eindruck zu erwecken, die Weine stammen allesamt von alten (also hochwertigeren) Rebstöcken. Ich lasse mir zum Wein ja gerne mal wilde Geschichten erzählen, aber man sollte sich dabei wenigstens Mühe geben…
Sagrantino wurde 1993 in die Riege der mittlerweile 44 DOCG Weine aufgenommen (DOCG ist die höchste Qualitätsstufe Italiens). Der weit überwiegende Teil des Montefalco Sagrantino DOCG wird vor Ort in Umbrien verkauft. Direkt nach Deutschland wird nur ca. 1% der produzierten Menge exportiert. Dazu kommt noch die Menge, die von Touristen aus dem Urlaub mitgebracht wird. Diese Menge soll gar nicht so klein sein. Dafür spricht, dass die Weine vor Ort nur knapp über 10 € kosten, hier in Deutschland aber oft rund 30 € aufgerufen werden (einzelne Luxuscuceés wie der Montefalco Sagrantino DOCG Selezione Gold 2005 liegen sogar bei 60 €). Für die 10-15 € vor Ort sind einige der Montefalco Sagrantino DOCG ein guter Kauf, für 25-60 € sind sie in Deutschland schlicht nicht wettbewerbsfähig.
Bei einer von Italienexperten Dr. Jens Priewe kommentierten Verkostung von sieben ausgewählten Montefalco Sagrantino DOCG aus den Jahren 2004 bis 2006 gehörte der Montefalco Sagrantino Taccalite DOCG von der Az. Agr. Tiburzi Gustavo (die mittlere Flasche im Bild mit der Weingutsvertreterin oben) zu meinen Favoriten. Sehr dicht, Noten von Brombeeren, weiteren dunklen Beeren, Lakritze, mit an diesem Verkostungstag selten reifen Tanninen und trotz 15% Vol. auch nicht zu alkoholisch. Der Wein schafft es, sehr konzentrierte Frucht zu zeigen ohne dabei wie Marmelade zu wirken. Auch der Santambrà Montefalco Rosso DOC aus dem gleichen Haus hat mir gut gefallen. Eine Cuveé, die aus 65% Sangiovese, 15% Sagrantino und zusammen 20% in jährlich wechselnden Anteilen von Merlot und Cabernet Sauvignon besteht.
Die moderierte Verkostung offenbarte jedoch auch erstaunlich deutlich, wie extrem die Qualitätsunterschiede der einzelnen Weingüter sind. Ein 2005er, der gerade einmal seit einem Jahr zum Verkauf freigegeben ist, war komplett oxidiert. Wohlgemerkt kein Flaschenfehler, unser Verkostungspanel samt Moderator hatte mehrere Flaschen auf gleichem Niveau.
Weitere empfehlenswerte Weingüter sind Madonna Alta srl, Cantina Terre de‘ Trinci srl und Cesarini Sartori Fiorella, dessen Weine auf dem letzten Foto abgebildet sind. Hier hat mir besonders der Montefalco Rosso DOC 2006 gefallen. Der Süßwein des Hauses, Montefalco Sagrantino Passito Seméle 2006 soll laut einem Infoblatt am Stand übrigens 94 Punkte im Wine Spectator erhalten haben. In der Wine Spectator Online-Verkostungsdatenbank ist der Wein nicht verzeichnet. Es findet sich dort überhaupt nur ein Wein von Cesarini – der 2004er Montefalco Sagrantino DOCG mit 85 Punkten bei einem US-Einstandspreis von 45 $.
Andere zu selben Veranstaltung:
Weinverkostungen.de – Wein aus Montefalco
Weinding.de – unbekanntes Italien – Rotweine aus Umbrien