GaultMillau WeinGuide Deutschland 2010

Nach spannenden Diskussionen um die Zukunft dieses WeinGuides im vergangenen Sommer und dem anschließenden Ausscheiden von Armin Diel, der bis dahin gemeinsam mit Joel B. Payne Chefredakteur und Herausgeber des WeinGuide war, liegt nun die erste allein von Joel Payne verantwortete Ausgabe vor.

Die Zäsur in der Chefredaktion wurde offensichtlich genutzt um neuen Wind in Deutschlands wichtigsten Weinführer zu bringen. Erstmals erscheint der WeinGuide durchgehend vollfarbig mit zugleich deutlich höherer Bildqualität und zeitgemäßerem Schriftbild.

Joel Payne zeigt sich mit den bewerteten Weinjahrgängen 2008 bei Weißweinen und 2007 bei Rotweinen sehr zufrieden. Sein Fazit zur Bundesfinalprobe der besten trocken Rieslinge: „Wir hatten selten eine solche Qualitätsdichte auf dem Tisch.“ Als Sieger und mit 96 Punkten bester trockener Riesling Deutschlands setzte sich am Ende der

2008er Forster Kirchenstück „GC“ vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf

in Wachenheim (Pfalz) durch. Platz zwei mit je 95 Punkten teilen sich Emrich-Schönleber (Halenberg GG), Klaus-Peter Keller (Abtserde GG) und noch  einmal Bürklin-Wolf (Pechstein GC). Lediglich bei den Auslesen und edelsüßen Rieslingen müsse man im Jahrgang 2008 Abstriche machen. Hier sei das hohe Niveau der Vorjahre nicht immer erreicht worden.

Noch gelungener seien die Spätburgunder. 2007 habe grandiose Rotweine hervorgebracht. „Dieser Jahrgang kann Geschichte schreiben“, ist sich Payne sicher. Man habe deshalb bei den Bewertungen ganz hohe Noten zücken müssen. Nie zuvor in der 17-jährigen Geschichte des WeinGuides erhielt ein Rotwein 97 Punkte, wie diesmal der Pinot Noir von Friedrich Becker aus der Pfalz (und damit gleich zwei Punkte mehr als jemals zuvor für einen Deutschen Spätburgunder vergeben wurden).

Neu ist eine eigene Kategorie für Riesling Kabinett, in der die Mosel mit acht von zehn Spitzenweinen das Sagen übernommen hat. »Leicht, belebend, erfrischend – und dennoch intensiv und anhaltend: Dies kann kein Wein sonst auf der Welt wie eben der Riesling Kabinett«, erläutert Joel Payne.

Auf für Reife Weine gibt es neue Kategorien: Neben der bekannten Bernhard-Breuer-Trophy der besten trockenen Rieslinge 10 Jahre nach ihrer Ernte, an deren Verkostung ich Mitte August in Köln teilnehmen konnte (Sieger: Im Sonnenschein Spätlese 1999 vom Weingut Rebholz mit 92 Punkten), gibt es nun auch eine 10-Years-After Verkostung der besten fruchtsüßen Riesling Spätlesen (und ab der nächsten Ausgabe des WeinGuide ist eine solche Verkostung auch für Spätburgunder angekündigt). Im Begleittext werden die Riesling-Spätlesen als die Königsklasse des deutschen Weinbaus bezeichnet, eine Einschätzung die ich absolut teile. Fast die Hälfte meines eigenen Weinkellers besteht aus Riesling Spätlesen. Mit 93 Punkten Sieger dieser Kategorie ist die 1999er Riesling Spätlese Wehlener Sonnenuhr vom Weingut Joh. Jos. Prüm. Ein köstlicher Wein!

Neben der Bewertung einzelner Weine wird im WeinGuide auch eine Klassifizierung der Weingüter selbst vorgenommen. Die Güter werden mit Null bis Fünf Trauben bewertet. Diese Bewertung ist dabei keine Momentaufnahme, sondern über Jahre gewachsen. An der Mosel (incl. Saar und Ruwer) hatten bisher fünf Weingüter die Höchstbewertung. Nun sind es nur noch drei. Die Weingüter Dr. Loosen und Reinhold Haart sind von fünf auf vier Trauben herabgestuft worden. Beim Weingut Dr. Loosen hatte ich (leider) schon länger mit diesem Schritt gerechnet, da viele seiner Weine in der letzten Zeit zwar gut, aber nicht mehr an der absoluten Spitze der Mosel waren. Beim Weingut Haardt hatte ich den Schritt zwar zum jetzigen Zeitpunkt nicht erwartet, da seine feinfruchtigen Spätlesen und Auslesen aus dem Piesporter Goldtröpfchen nach wie vor zur absoluten Spitze in Deutschland zählen (und dazu in ihrer Klasse zu den preiswertesten), kann die Abstufung aber nachvollziehen, da die Qualität der trockenen Basisweinen seit Jahren deutlich hinter den fruchtigen abfiel.

Das Schlossgut Diel, dessen Weine nach Armin Diels ausscheiden als Chefredakteur nun erst im WeinGuide bewertet werden, wurde in die Kategorie der vier Trauben Betriebe eingeordnet und zählt damit zur Top 5 der Nahe. Ich halte das für eine angemessene Einordnung. Zwar fangen in der Regel alle neu in den WeinGuide aufgenommenen Weingüter mit null oder einer Traube an und müssen sich höhere Bewertungen über kontinuierliche Leistung in den Folgejahren verdienen aber dabei geht es eben um Neuentdeckungen oder Aufsteiger. Das Schlossgut Diel gehört unstreitig seit mehr als zehn Jahren zur Spitze der Nahe-Weingüter und war nur wegen persönlicher Beteiligung des Chefredakteurs nicht bewertet worden. An das Schlossgut Diel geht im übrigen auch die Auszeichnung für den besten Sekt des Jahres: Brut 2004 Cuvee Mo.

Auch Diels Widersacher im vergangenen Sommer, von Mario Scheuermann liebevoll „die Renegaten“ genannt, wurden allesamt im WeinGuide in kompletter Bandbreite der Kollektion bewertet. Ein Großteil der Spitzenweingüter, die mit ihrem offenen Brief die öffentliche Diskussion um den WeinGuide so richtig in Fahrt gebracht haben, wird aber etwas weniger gefallen an dieser Ausgabe finden als an den Vorherigen: Eine wichtige Rubrik des WeinGuide war immer „Die Besten von Anfang an“. Ein Großteil der Aufständischen nahm hier Spitzenpositionen ein. Nun heißt die Rubrik „Die Besten der letzten Dekade“ und findet nun ohne all die Weingüter statt, deren Höhepunkt in den neunziger Jahren lag. Orginal-Text:

„Damit nehmen wir die Höchstleistungen der aktuell führenden Güter ins Visier und verzichten bewusst auf die Meriten der 1990er Jahre“

Von den 14 Erstunterzeichner-Weingütern des offenen Briefes waren in der 2007er Ausgabe des WeinGuide noch zehn in der Bestenliste vertreten. Jetzt sind es nur noch vier. Die Weingüter Dr. Heger, Johner, Meyer-Näkel, Bercher, Künstler und Gunderloch hatten ihre Höhepunkte zu lange zurückliegend und tauchen in der aktuellen Gesamtliste nicht mehr auf. Nur Leitz, Egon Müller, Dönnhoff und Heymann-Löwenstein sind noch immer vertreten. Ein Schelm, wer böses dabei denkt…

Wie immer gibt es auch einige Bewertungen, die ich nicht nachvollziehen kann. Das Weingut Reinhard und Beate Knebel in Winningen wurde von vier auf drei Trauben herabgestuft, obwohl in den letzten beiden Jahren durch die Bank tolle Weine entstanden sind. Nach einem kleinen Durchhänger vor einigen Jahren sind unter anderem mit Hilfe von Gernot Kollmann, der von Van Volxem kam,  in den letzten Jahren wieder großartige Weine bei Knebel entstanden. Die komplette fruchtsüße Kollektion 2007 aus dem Winninger Röttgen war genial und 2008 konnte trotz deutlich schlechterer Wetterbedingungen daran anknüpfen.

Das Weingut Peter Jakob Kühn in Oestrich (Rheingau) wird meiner Meinung nach seit Jahren vom WeinGuide unter Wert behandelt. Das gipfelte darin, das Kühn vor ein-zwei Jahren von vier auf drei Trauben abgewertet wurde. Die Süßweine sind unstreitig (auch für den WeinGuide) von großer Klasse. Die Trockenen dagegen spalten ungemein. Da Kühns trockene Rieslinge sehr langsam ausgebaut werden, stand in diesem Jahr der Jahrgang 2007 zur Verkostung an. Eine ganze Reihe dieser Weine habe ich in den letzten Monaten selbst probiert. Natürlich ist ein Riesling Schleedorn nicht „einfach“ und mit 75 Euro auch sicher überteuert aber einige Stunden dekantiert und im großen Bordeauxglas und mit ausreichend Zeit genossen ist es ein wirklich großer Riesling. Die Bewertung von 89 Punkten im WeinGuide spricht daher aus meiner Sicht eher gegen den Verkoster als gegen den Wein.

Die wichtigsten Auszeichnungen:
Winzer des Jahres: Tim Fröhlich (Schäfer-Fröhlich, Nahe)
Kollektion des Jahres: Weingut Bürklin-Wolf
Aufsteiger des Jahres: Johannes Freiherr von Gleichenstein (Baden)
Entdeckung des Jahres: Eva Vollmer (Rheinhessen)
Sommelier des Jahres: Melanie Wagner (Schwarzer Adler)
Weinkarte des Jahres: Steinheuers Alte Post

Die genannten und eine ganze Reihe weitere interessanter Beitrage (z.B. ein Briefwechsel zwischen Joel Payne und Reinhard Löwenstein zum Thema Terroir sowie eine Weinempfehlungsliste von „Slow Food“) machen diesen WeinGuide 2010 sicher zu einem lohnenden Kauf.

Amazon.de: Gault Millau Wein Guide Deutschland 2010

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Dirk Würtz Videos bei der Präsentation:
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Interview mit Armin Diel
Interview mit Joel Payne

7 Pings

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